Ein Punkt oder Moment, an dem eine vorher geradlinige und eindeutige Entwicklung durch bestimmte Rückkopplungen abrupt abbricht, die Richtung wechselt oder stark beschleunigt wird.

Bei Kippelementen im Erdklimasystem wird ein Kipppunkt angenommen, bei dessen Überschreiten eine nicht-lineare Veränderung des globalen Klimas ausgelöst wird.

Das PIK definiert 16 Kippelemente für unsere KlimaBild: Dabei gibt es 9 Kern-Kippelemente und 7 weitere regionale Kippelemente.
Zwei Beispiele

Als ein Kipppunkt, der bereits bei Temperaturveränderungen innerhalb der Pariser Ziele ausgelöst werden könnte und dessen Erreichen globale Auswirkungen hätte, gilt der grönländische Eisschild, welcher die Insel ganzjährig bedeckt und stellenweise bis zu 3 km mächtig ist. Durch die steigenden Temperaturen verliert die Eismasse an Substanz und ihre Oberfläche wird somit in tiefere Luftschichten verlagert, welche wärmer sind und in der Folge das Abschmelzen weiter beschleunigen. Eine Temperaturerhöhung von 1,5 °C könne so bereits langfristig (innerhalb von 10.000 Jahren) zum vollständigen Abschmelzen der Eismasse führen, wobei die mögliche Temperaturschwelle mit Werten zwischen 0,8 °C und 3,0 °C angegeben wird. Der vollständige Verlust des grönländischen Eisschildes würde zu einem Anstieg des Meeresspiegels um 7 m führen und in der Folge auch andere Kipppunkte (insbesondere Meeresströmungen) beeinflussen und so direkt auf das Weltklima einwirken.

Ein weiterer Kipppunkt des Weltklimas befindet sich in der arktischen Region. Die dortigen Permafrostböden beinhalten aufgrund des dort seit der letzten Eiszeit gelagerten organischen Materials enorme Mengen der Treibhausgase Kohlenstoffdioxid und Methan, welche mit Größenordnungen von mehreren hundert Milliarden Tonnen beziffert werden. Ein Auftauen dieses organischen Materials könnte die Gase freisetzen und so zu einer weiteren Erwärmung der Atmosphäre beitragen. Ebenso beschleunigen Mikroorganismen, die das aufgetaute Material zersetzen, durch die dabei generierte Wärme das Auftauen der Böden. Die relativ dünne Studienlage indiziert dabei, dass sich der Prozess bei globalen Temperaturzunahmen zwischen 3 °C und 6 °C (wahrscheinlich: 4 °C) und innerhalb eines Zeitfensters von 10 bis 300 Jahren (wahrscheinlich: 50 Jahre) vollziehen würde. Die Freisetzung der gesamten Treibhausgase allein könnte die globale Mitteltemperatur um weitere 0,2 °–0,4 °C ansteigen lassen.

Die dargestellten Kipppunkte stellen 2 von ca. 15 insgesamt von der Wissenschaft identifizierten Kipppunkten im Weltklimasystem dar. Beim Überschreiten dieser verändert sich also die prinzipiell linear verlaufende Erderwärmung – bei der mit jeder Menge an CO2-Emissionen eine entsprechende Temperaturzunahme korrespondiert – und wird aufgrund der Eigendynamik der Kipppunkte weniger prognostizierbar und nicht-linear ansteigend.

Um die Erwärmung der Erde einzudämmen und somit das Überschreiten der Kipppunkte möglichst zu verhindern, werden im Pariser Abkommen von den Vertragsstaaten konsequente nationale Minderungsziele gefordert. Diese sollen im Rahmen einer Progression zunehmend ambitionierter sein. Allerdings muss konstatiert werden, dass die bisherigen Zusagen der Unterzeichnerstaaten noch nicht einmal zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels ausreichen, da diese von den Staaten selbst bestimmt werden und lediglich der Zeitpunkt der nationalen Absichtserklärungen im Vertrag bestimmt wird. Es wird regelmäßig überprüft, ob die Staaten ihre Treibhausgasreduktionspläne einhalten, allerdings drohen im Fall des Verletzens der eigenen Ziele keine Sanktionen im Rahmen des Pariser Abkommens. 

Quelle: https://www.klett.de/alias/1144607